Willehalms historisches Pendant: Wilhelm von Aquitanien
Der später heilig gesprochene Wilhelm von Aquitanien war das Vorbild des Willehalm
In dem Kloster Gellone, heute Saint-Guilhem-le-Désert (1. Bild), starb der 1066 heilig gesprochene Wilhelm von Aquitanien am 28. Mai 812. Die Figur des Helden Willehalm im gleichnamigen "Willehalm" Wolframs von Eschenbach geht auf jenen Wilhelm von Aquitanien zurück, der Graf von Toulouse und Herzog von Aquitanien war, und der auch als Vetter Karls des Großen gilt. Wie sein literarisches Pendant kämpfte der historische Wilhelm im Auftrag Karls des Großen gegen die Sarazenen ( Niederlage am Fluss Aude 793) und im Auftrag Ludwig des Frommen in der „Spanischen Mark“ gegen die Mauren (erfolgreiche Belagerung Barcelonas 801) und trug wie er den Beinamen „Guillaume au Court Nez“, also Wilhelm Kurznase – ein Name, der sich ursprünglich auf dessen krumme, große Nase bezogen haben soll.
Eine seiner beiden Ehefrauen soll ebenfalls den Namen Guiburc/Guitburge getragen haben. Wilhelm von Aquitanien gründete 804 in Gellone ein Kloster (heute Saint-Guilhem-le-Désert), in das er selbst als Laienbruder eintrat und wo er auch starb. Er gilt auch als Schutzheiliger der Waffenschmiede und der Ritter.
Wolframs Willehalm
Im "Willehalm" Wolframs von Eschenbach ist Willehalm der Hauptprotagonist: Er ist der Markgraf von Orange und der Provénce, der Sohn Graf Heimrichs von Narbonne und Irmscharts von Pavia, und der zweite Mann Arabels/Giburgs. Außerdem ist er der Bruder von Bertram, Buove, Heimrich dem Schetis, Ernalt, Bernhard, Gibert und der französischen Königin, sowie der Vasall Karls des Großen und später seines Nachfolgers König Louis, der historisch als Ludwig der Fromme bekannt ist.
Das Kloster in Gellone
Wilhelm von Aquitanien gründete 804 das oben genannte Kloster, in das er selbst als Laienbruder eintrat und wo er auch starb. Das Kloster mit Wilhelms Grab und der Kreuzreliquie wurde zum Wallfahrtsort auf dem Jakobsweg. Dem heiligen Wilhelm selbst wurde die Gabe nachgesagt, den Teufel abzuwehren (s. 2. Bild).
Nach der Auflassung des Klosters während der Französischen Revolution befinden sich übrigens Teile seiner Reliquien heute in der Basilika St-Sernin in Toulouse. Wilhelms Leben wurde zum Stoff zahlreicher Ritterromane, wie auch in Wolframs "Willehalm", und damit in meiner Nacherzählung "Willehalm und Arabel".
Die Bedeutung des 28. Mai für "Willehalm"
Wilhelm von Aquitaniens Todestag am 28. Mai 812 führte dazu, dass die an diesem Tag geborenen katholischen Jungen häufig nach dem heilig Gesprochenen "Wilhelm" genannt wurden und an diesem Tag traditionell ihren Namenstag feierten, bzw. noch feiern. Der 28. Mai hatte aber auch aus persönlichen Gründen eine Bedeutung für die Entstehung von "Willehalm und Arabel" - nicht nur mein Vater Wilhelm Opladen wurde 1942 an diesem Tag geboren, sondern auch ich, Gudrun Opladen im Jahr 1965 - auch wenn deswegen ich keine "Wilhelmina" geworden bin.
Bild 1, Kloster Gellone
Bild2, Ambroise Frédeau, Der heilige Wilhelm, von Dämonen gequält, 1657, Musée des Augustins, Toulouse. Foto: Guérin Nicolas (CC BY-SA 3.0)
Bild 3: Heiliger Herzog Wilhelm von Aquitanien als Mönch