Wer waren eigentlich die Sarazenen?

Im "Willehalm" kämpfen die christlichen Franzosen und deren Verbündete gegen die Sarazenen, der "Aufhänger" ist der für die Sarazenen skandalöse Übertritt der Sarazenenkönigin Arabel zum Christentum und die von ihnen nicht anerkannte, zweite Heirat Arabels mit dem christlichen Ritter Willehalm.

Wolfram von Eschenbach knüpft mit seinem Werk an die historischen Kämpfe der Franken gegen die spanischen Sarazenen im 8. und 9. Jahrhundert an. Gemeint sind damit eigentlich die Mauren: Besonders seit der Zeit der Kreuzzüge nannte man die Mauren vornehmlich Sarazenen. Im weitesten Sinne werden unter dem Begriff "Sarazenen" alle arabischen Stämme (Wüstennomaden, die ehemals aus Nordafrika stammten) verstanden, die im Mittelalter den heutigen europäischen Mittelmeerraum zu erobern suchten. Diese Berberstämme hatten im 7. Jahrhundert n.Chr. den Islam angenommen und spielten bei der Eroberung der iberischen Halbinsel bekanntlich eine wesentliche Rolle, denn sie ließen sich später dort nieder.

Der "Willehalm" bezieht sich auf diese historischen Kämpfe und Grenzstreitigkeiten um die "Spanische Mark". Wie sein literarisches Pendant kämpfte schon der historische Wilhelm, der 1066 heilig gesprochene Wilhelm von Aquitanien (geb. um 754; gest. 28.Mai 812), im Auftrag Karls des Großen gegen die Sarazenen (Niederlage am Fluss Aude 793) und im Auftrag Ludwig des Frommen (im "Willehalm" der König Louis, Sohn Karls) in der "Spanischen Mark" gegen die Mauren (erfolgreiche Belagerung Barcelonas 801) und trug wie er den Beinamen "Guillaume au Court Nez", also "Wilhelm Kurznase".

Zur kurzen Nase: Im "Willehalm" soll er diese verkürzte Nase angeblich aus einer Kampf erhalten haben, historisch bezog sich diese Bezeichnung aber im Gegenteil auf die angeblich krumme, große Nase des Wilhelm von Aquitanien.

 

Bildquelle: Willehalm-Kodex, Universität Kassel

Zurück