Die Schauplätze des Willehalm – eine Reise in das „Land der Franzosen“

Für die ritterlich-höfische Kultur in Deutschland war die französische Kultur auch in literarischer Hinsicht maßgebend. So ist es kein Zufall, dass Wolfram von Eschenbach eine altfranzösische Chanson de Geste, die „La Bataille d'Aliscans“ zur Vorlage für seinen „Willehalm“ nahm - eine Erzählung, die wiederum Teil der großen „Chanson de Guillaume“, des „Wilhelmslieds, ist.

Der erste Hauptschauplatz des „Willehalm“ ist die Küste der Provence. Hier landet der aufgebrachte, sarazenische Großkönig Terramer mit seinen Truppen, und hier, auf dem nahegelegenen fiktiven Feld namens „Alischanz“, finden die beiden großen Schlachten des „Willehalm“ statt. Tatsächlich hat der Name des Schlachtfelds eine reale Entsprechung. Er bezieht sich auf das spätantike Gräberfeld „Les Alyscamp“, das sich am Rand der südfranzösischen Stadt Arles befindet. Dort ereignete sich nach „Willehalm“ auch das sogenannte „Sargwunder“, das als Teil einer Legendentradition offenbar an die noch heute zu sehenden Steinsärge des Gräberfeldes anknüpft. (siehe Bild: die Platanen-Allee mit Sarkophagen).

 

Ein zweiter großer Schauplatz des „Willehalm“ ist Orange, die Festung, Residenz und Stadt des Markgrafen. Hier verteidigt Giburg (Arabel) mit List und Tücke die Burg ihres Mannes. Auch dieser Schauplatz hat eine reale Entsprechung. Es ist das antike Amphitheater in Orange, das bereits im frühen Mittelalter zur Festung umgebaut wurde und vom späteren „Sonnenkönig“ Ludwig XIV begeistert als „die schönste Mauer meines Königreiches“ bezeichnet wurde. Nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches im 4. Jahrhundert wurde es von der Kirche geschlossen, dann geplündert, und später abwechselnd als Verteidigungsbollwerk, Zufluchtsort und während der Französischen Revolution sogar als Gefängnis genutzt. Erst im 19. Jahrhundert begann man dann mit der Renovierung, die das Theater wieder zum Theater machte. (siehe Bild Amphittheater mit alter Bühnenwand). Heute gilt das aus dem 1. Jahrhundert stammende Theater als eines der besterhaltenen antiken Theater Europas. In den Rang des UNESCO Weltkulturerbes erhoben, findet hier in den Sommermonaten das berühmte Opernfestival Chorégies d’Orange statt.

Weitere Schauplätze des „Willehalm“ sind die Stadt Orléans, in der der Bruder Willehalms, der Graf Ernalt von Gironde, residiert, und, als dritter, wichtiger Schauplatz, die Stadt Laon, die Pfalz des Königs Louis im Nordosten Frankreichs, in der sich Willehalm mit allen Mitteln gegen den König und seine eigene Schwester behaupten muss …

 

Bildquellen:
Die Nekropole Les Alyscamps in Arles

Das sehr gut erhaltene römische Theater in Orange

 

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